Montag, 01 Februar 2010 01:00

Gläubigerbegünstigung in der Krise

geschrieben von

Von strafrechtlicher Relevanz für Unternehmer in der Krise ist auch die sog. Gläubigerbegünstigung, die nach § 283c StGB unter Strafe gestellt ist. Angedroht wird hier im Falle der Verurteilung eine Strafe, die von Geldstrafe bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe reicht. Der im Gegensatz zum Bankrott geringere Strafrahmen ergibt sich daraus, dass die Gläubigerbegünstigung lediglich die Beeinträchtigung der Verteilungsgerechtigkeit zum schutzgegenstand hat, wobei die Masse selbst nicht gefährdet wird.


Wie auch der Bankrott nach § 283 StGB ist die Gläubigerbegünstigung nur dann strafbar, wenn der Täter in der Folge seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

Möglicher Täterkreis
Tauglicher Täter kann hier etwa der Schuldner als Einzelunternehmer, der Gesellschafter einer GbR, OHG oder KG sein oder auch Geschäftsführer einer GmbH und Vorstände einer AG wie auch faktische Geschäftsführer und Sanierer sein. Der Begünstigte ist als notwendiger Teilnehmer straflos. Dies gilt aber auch nur dann, wenn sich seine Mitwirkung auch auf die notwendige Teilnahme beschränkt, nämlich in der Entgegennahme der inkongruenten Leistung. Bei darüber hinausgehenden Beteiligungen ist er aber als Teilnehmer, etwa Gehilfe oder Anstifter, strafbar.

Gläubigerstellung
Für die Gläubigerstellung reicht auch die Begründung eines Anspruchs nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit aus. Erfasst werden hier auch Absonderungsberechtigte und Massegläubiger. Die Gläubigerstellung muss aber im Zeitpunkt der Tathandlung, nicht jedoch schon im Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit bestehen.

Tathandlung
Die Tathandlung muss nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit vorgenommen werden. Sie besteht in dem Gewähren von Sicherheit oder Befriedigung an einen Gläubiger, die dieser überhaupt nicht oder nicht in der Art oder nicht zu dieser Zeit zu beanspruchen hat. Man spricht insoweit von inkongruenter Deckung. Zum Beispiel bekommt der Lieferant den alten PKW des Schuldners übereignet, der nur einen Bruchteil seiner Forderung wert ist, soweit Zahlung vereinbart war. Kongruente Deckung würde dagegen nur vorliegen, wenn dem Gläubiger zivilrechtlich gerade diese Deckung und auch gerade zu dieser Zeit einredefrei zusteht. In diesem Zusammenhang reicht bereits eine vertragliche Vereinbarung, dass der Schuldner statt der ursprünglich geschuldeten Leistung in Geld auch Waren liefern kann.
Eben durch diese Handlung muss der bevorzugte Gläubiger begünstigt werden. Erfasst wird hier aber nur eine Tathandlung, soweit sie das Vermögen betrifft, das sonst den Insolvenzgläubigern zugestanden hätte. Zwar reicht hier auch grundsätzlich ein Unterlassen für die Tatbestandsverwirklichung aus, sofern eine Handlungspflicht bestand. Eigenmächtige Befriedigungshandlungen des Gläubigers reichen dagegen nicht aus. Die Strafbarkeit des Schuldners kommt erst dann wieder ins Spiel, wenn er kollusiv mit dem Gläubiger zusammenarbeitet, also in der Absicht, durch gemeinsame Sache die anderen Gläubiger zu schädigen.

Die tatbestandsmäßige Befriedigung des Gläubigers ist dann eingetreten, wenn seine Forderung erfüllt wird oder er die Leistung als Erfüllung oder an Erfüllung statt annimmt. Die gewährte Sicherheit kann in einer Pfandhingabe, einer Sicherungsübereignung aber auch in der Begründung eines Zurückbehaltungsrechts liegen. Anstatt einer tatsächlichen Zuwendung an den Gläubiger, reicht es für die Begünstigung auch aus, wenn er eine Rechtsstellung erhält, durch die ihm eine Position verliehen wird, gegenüber den übrigen Gläubigern privilegiert befriedigt zu werden.

Strafbarkeit des Versuchs
Gemäß § 283c Abs. 2 StGB ist auch die versuchte Gläubigerbegünstigung mit Strafe bedroht. Der Versuch ist bereits mit Beginn der Begünstigungshandlung gegeben, also zum Beispiel bei einem Überweisungsauftrag an den entsprechenden Gläubiger. Keinen Unterschied bei der Strafbarkeit macht auch der Fall, in dem der Täter fälschlicherweise davon ausgeht, zahlungsunfähig zu sein, denn der sog. untaugliche Versuch ist ebenfalls strafbar.

 

Autor(en): RA Marc Y. Wandersleben
Stand: Februar 2010
Normen: § 283c StGB

Weitere Informationen

  • Haftungshinweis: Die auf dieser Homepage abrufbaren Informationen und Veröffentlichungen sind ein kostenloser Service von WMVP Rechtsanwälte. Die Rechtsinformationen entbehren keiner rechtlichen Beratung und geben nicht zwangsläufig die aktuelle Rechts- und Gesetzeslage wieder. Wenn Sie Fragen zu einem der dargestellten Themen haben, stehen Ihnen unsere Rechtsanwälte gerne als Ansprechpartner zur Verfügung. Eine Haftung für die Inhalte der Artikel wird nicht übernommen. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir keine kostenlose Rechtsberatung erbringen können.
RA Marc Y. Wandersleben

Rechtsanwalt, Mediator und Wirtschaftsjurist (Uni. Bayreuth)
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Rechtsanwalt Marc Y. Wandersleben ist Gründungspartner von WMVP Rechtsanwälte.  Er ist vornehmlich im Bereich des Wirtschaftsrechts (Handels- und Gesellschaftsrecht) und Wirtschaftsstrafrechts tätig. Spezialgebiete sind das Vereins- und Stiftungsrecht.

WMVP Rechtsanwälte, Osterstraße 1, 30159 Hannover, Tel. 0511/260 918-0, wandersleben@WMVP.de

Copyright © WMVP Rechtsanwaltskanzlei | Webdesign by CMS-Webagentur Zürich

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.