Rügepflicht beim Handelskauf
Das Handelsgesetzbuch bestimmt in seinem § 377 HBG, dass im Falle eines beidseitigen Handelskaufs – sprich einem Kaufvertrag oder einem diesem ähnlichem Vertrag, bei welchem Verkäufer und Käufer jeweils Kaufmann sind – der Käufer unverzüglich nach Ablieferung einen etwaigen Mangel an der Ware dem Verkäufer gegenüber rügen muss. Die Rügefrist beginnt danach im Falle der Ablieferung, d.h. in dem Moment, indem die Ware dem Empfänger dergestalt zugänglich gemacht wird, dass er sie auf ihre Beschaffenheit prüfen kann.
Unter einer unverzüglichen Rüge ist dabei eine solche zu verstehen, welche ohne „schuldhaftes Zögern“ erfolgt; hierbei kommt es jedoch auch auf den Einzelfall an, sodass sich pauschalierte Aussagen in Bezug auf die einzuhaltende Frist nicht mit Sicherheit treffen lassen.
Wird diese Rüge unterlassen, so gilt nach § 377 HGB für den Fall, indem der Mangel sich nicht erst nach einer erfolgten Untersuchung zeigt, die Ware als genehmigt. Dem Käufer ist es dann gerade versperrt, sich auf einen möglichen Mangel zu berufen.
Direkte Warenlieferung an dritte Handelsfirma
Der Entscheidung des OLG ( Urteil v. 05.11.2008, AZ: 7 U 15/08 (LG Mannheim)) lag der Sachverhalt zu Grunde, dass die Klägerin, die mit ihrer Firma Promotion-Artikel an Großkunden vertreibt, mit der beklagten Firma einen Vertrag über die Lieferung von Backwaren geschlossen hatte. Zwischen den beiden Parteien wurde dabei vereinbart, dass die Ware durch die Klägerin direkt an eine mit der Beklagten in Beziehung stehende dritte Firma geliefert werden sollte. Nach Ablieferung der Backwaren traten an einigen Teilen Schimmelspuren auf. Diese wurden durch die dritte Firma jedoch nicht unverzüglich der Beklagten oder aber direkt der Klägerin angezeigt. Nachdem die Beklagte nach einiger Zeit doch von den Mängeln in Kenntnis gesetzt wurde, zeigte sie diese der Klägerin an und verweigerte unter Berufung auf die Mängel die Zahlung der Lieferung. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage auf Zahlung der vereinbarten Summe, wobei sie der Beklagten entgegenhält, den Mangel nicht § 377 HGB entsprechend – nämlich unverzüglich – gerügt zu haben.
Das Gericht entschied, dass bei einem Handelskauf – gleichgültig der Vereinbarung zwischen Käufer und Verkäufer, ob die Lieferung an einen Dritten oder aber den Käufer selbst erfolgen solle – Mängel an der Ware unverzüglich dem Verkäufer anzuzeigen sind. Die sich hieran anschließende Frage, ob die Anzeige unverzüglich erfolgte, bestimmt sich dabei gerade nicht danach, wann der Käufer durch den Dritten über den Mangel informiert wurde, sondern wann der Dritte erstmals die Möglichkeit zur Untersuchung hatte. Zudem hat der Käufer dafür Sorge zu tragen, dass er vom Abnehmer der Ware unverzüglich über Mängel informiert wird. In dem Fall, dass sich der Mangel erst später zeigt, ist unverzüglich nach seinem Auftreten eine entsprechende Mitteilung zu machen. Das Gericht stellte in seinem Urteilsspruch zudem klar, dass der Umstand der rechtzeitigen Rüge des Mangels durch den Käufer zu beweisen ist.
Praxistipp
Für die unternehmerische Praxis ist nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts festzuhalten, dass auch im Falle von Lieferungen an Dritte, auftretende Mängel unter Wahrung der Frist aus § 377 HGB dem Verkäufer unverzüglich anzuzeigen sind. Um sich bei der Lieferung an Dritte abzusichern ist dabei Käufern anzuraten eine entsprechende vertragliche Regelung mit dem Dritten zu treffen, aus welcher sich ergibt, dass denkbare Mängel unverzüglich dem Käufer anzuzeigen sind. Dieser Weg bietet dem Käufer die Möglichkeit, in dem Fall, in dem der Dritte gerade nicht unverzüglich den Mangel anzeigt, bei dem Dritten einen möglichen Schaden geltend zu machen. Um eine bestmögliche Regelung zu erreichen, empfiehlt es sich, sich durch einen fachkundigen Anwalt beraten zu lassen.
Autor(en): RA Marc Y. Wandersleben, Dr. Kuuya Chibanguza (wiss. Mitarbeiter)
Stand: Januar 2012
Gericht: OLG Karlsruhe, Urteil v. 05.11.2008 (AZ: 7U 15/08, LG Mannheim)