Die Entscheidungen:
In einer ersten Entscheidung hielt der Bundesgerichtshof (BGH) es für erwiesen, dass der Unternehmer bewusst spekulativ (achtfach) überhöhte Preise angeboten hatte, um bei für ihn voraussehbaren Mengenmehrungen eine unüblich hohe Vergütung zu erlangen. Es urteilte, dass unter bestimmten Voraussetzungen die vereinbarte Vergütung sittenwidrig (§ 138 BGB) sei und daher nur die ortsübliche Vergütung geschuldet werde. Das sei der Fall, wenn ein wucherähnliches Missverhältnis gegenüber dem ortsüblichen Preis vorliege.
Jedenfalls bei einer achtfachen Überhöhung liege ein Missverhältnis vor. Wucherähnlich ist ein Missverhältnis dann, wenn sowohl die Gesamtvergütung der Position als auch der Preis für die gesamte Bauleistung sich so erheblich verteuert, dass es von der Rechtsordnung nicht mehr hingenommen werden kann. In solchen Fällen bestehe die widerlegbare Vermutung, dass der Unternehmer aus sittenwidrigem Gewinnstreben überhöhte Preise angeboten habe, weshalb der vereinbarte Preis als nichtig anzusehen sei.
An letzterem Punkt knüpft das Vorbringen des Unternehmers in einem zweiten, durch das OLG Hamm entschiedenen Fall an. Hier gab der Unternehmer an, ihm sei zu seinen Gunsten ein Berechnungsfehler unterlaufen (der zu einer 22fachen Überhöhung des Positionspreis führte). Der Unternehmer war daher der Auffassung, dass der vereinbarte Preis gültig sei, da er nicht auf einem bewussten, sittenwidrigen Gewinnstreben beruhe.
Das OLG Hamm wies dieses Ansinnen gleichwohl ab. Wenn auch kein sittenwidriges Gewinnstreben vorliege, so sei es doch rechtsmissbräuchlich und verstoße gegen Treu und Glauben, einen lediglich versehentlich massiv überhöht ermittelten Preis einzufordern. Auch in diesem Fall sei der ortsübliche Preis zu vereinbaren.
Kommentar:
Es bleibt klarzustellen, dass sich die Prüfung des Missverhältnisses vor allem auf die Gesamtsumme, nicht auf die einzelne Position bezieht.
Mit diesen beiden Entscheidungen hat die Rechtsprechung extremen Auswüchsen spekulativen Nachtragsstrebens ein Ende bereitet. Der Auftraggeber muss sich keine „Mondpreise“ unterschieben lassen. Der Spekulation mit Nachträgen insgesamt ist damit freilich kein Ende gesetzt. Ob die Lösung des OLG Hamm im Ergebnis zu überzeugen vermag, bleibt dahin gestellt. Während es bei sittenwidriger Preisvereinbarung klar ist, dass der ortsübliche Preis gelten soll, da der sittenwidrig Handelnde keinen Vorteil aus seinem Tun behalten soll, ist bei einem korrekt vereinbarten Preis, dessen Durchsetzung lediglich rechtsmissbräuchlich ist, die Frage zu stellen, ob hier nicht wenigstens das als durchsetzbar zugestanden werden sollte, das unterhalb der Wucherschwelle liegt, also ein Preis bis zum dreifachen des ortsüblichen Preises. Dogmatisch wäre das wohl eher vertretbar. Das OLG Hamm hat hier möglicher Weise aus praktischen Erwägungen gehandelt – die Einlassung, man habe sich lediglich verkalkuliert könnte auch jeder tatsächlich sittenwidrig handelnde Unternehmer einbringen und sich so wenigstens einen Teil seines angestrebten Mehrgewinns sichern. Das darf durch die Rechtsordnung auch nicht durch die Hintertür geduldet werden.
(Entscheidungen: Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.03.2013, VII ZR 68/10 und OLG Hamm, Urteil vom 14.03.2013, VII ZR 116/12).